Die Namensdebatte um die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald aus Sicht eines Absolventen

Historischer Campus der Universität Greifswald

Es ist schon fast zwei Jahre her, dass ich mein Bachelorstudium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität abgeschlossen und die schönste aller Ostseemetropolen für das Masterstudium verlassen habe. Der Buschfunk funktioniert aber noch ausgezeichnet, obwohl zwischen Greifswald und Göttingen Welten liegen. Dieses Gefühl hat man zumindest, wenn man die A7 in Richtung Hamburg entlang fährt und dann nach rechts in Richtung Ostseeautobahn und schließlich Greifswald abbiegt. Die Diskussion um den Namen meiner alten Alma Matar habe ich aus diversen Greifswalder Blogs mitbekommen:

Schon vor meiner Zeit in Greifswald gab es Diskussionen um den Namen der zweitältesten Universität an der Ostsee. Dies ist auch kaum verwunderlich wenn man bedenkt, wie die Universität erst nach fast 500-jährigem Bestehen zu ihrem Namen kam. Schließlich wurde der Name Ernst Moritz Arndt erst 1933 aufgrund nationalistischer Interessen des „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“ in den Universitätstitel aufgenommen und 1954 aufgrund der jetzt sozialistischen Interessen der Deutschen Demokratischen Republik abermals bestätigt. Immer mal wieder gab es Begehren und Vorstöße den Namen zu ändern oder zumindest den Namen „Ernst Moritz Arndt“ abzulegen. Durchsetzen konnte sich keiner bisher. Dieses Mal könnte es jedoch anders kommen, denn aufgrund des öffentlichen Interesses und der bisherigen Presse sah sich die Universität vergangene Woche immerhin genötigt auf ihrer Internetseite über die Person Ernst Motiz Arndt zu informieren:

In der Einleitung wird Ernst Moritz Arndt als „homo politicus und Intellektueller“ gewürdigt und sein Beitrag zu zeitgenössischen „Auseinandersetzungen über Begriffe wie Geschichte, Literatur, Nation, Recht, Bildung und Glauben“ hervorgehoben. Eben jener Beitrag wird wie folgt dargestellt:

Zu einer Zeit, als noch darüber gestritten wurde, was und wer überhaupt die deutsche Nation ausmacht, vertraten Arndt und andere die Auffassung, dass Nationen vor allem durch die Sprache und Abstammung definiert werden und sich unvermischt erhalten müssten. Juden sollten in Deutschland keine staatsbürgerliche Gleichstellung erhalten. Über außereuropäische Völker äußerte sich Arndt im Zusammenhang zeitgenössischer Rassentheorien abwertend.

Während die Ideen rund um den Nationenbegriff aus zeitgenössischer Sicht alles andere als revolutionär waren und auch der Antisemitismus in Deutschland auf eine religiöse Tradition zurückblickt, ist die Warnung vor dem Mischen der Rassen als höchst kritisch zu bewerten. Hier kann die Universität in ihrem Artikel zwar betonen, dass „diese Vorstellungen restlos der Vergangenheit angehören“ würden, es stellt sich aber trotzdem die Frage, ob der Name Ernst Moritz Arndt als Pate für diese eine Universität geeinigt ist?

An dieser Stelle möchte ich auf das Interview mit dem Greifswalder Geschichtsprofessor Thomas Stamm-Kuhlmann in der Ostsee-Zeitung vom 10. Juni 2009 hinweisen, in dem ausführlich auf die Bewertung Arndts eingegangen wird. Im Interview wird deutlich, dass Arndt nicht nur Antisemit war sondern nach heutigen Standards auch nicht als Demokrat zu bezeichnen wäre. Viel interessanter ist aber die Frage nach der Bedeutung eines Universitätsnamens? Auf der einen Seite stellt Professor Stamm-Kuhlmann fest, dass Ernst Moritz Arndt kein idealer Namenspatron für eine Universität ist, die sich selbst gerne als weltoffen sieht. Auf der anderen Seite hinterfragt er kritisch, welche Bedeutung der Name einer Universität überhaupt besitzt?

In der Tat ist der Universitätsname normaler Weise von denkbar geringer Wichtigkeit, schließlich sucht man sich eine Universität nicht nach dem Namenspatron aus. Lässt man das Studienplatzangebot, den Numerus Clausus, die Zentrale Vergabestelle und geographische oder persönliche Interessen mal außen vor, zählt nur der Ruf einer Universität oder eines Fachbereiches!

Die aktuelle Diskussion um die Universität Greifswald macht deutlich, dass obwohl ein Universitätsname einen denkbar geringen Stellenwert besitzt, er doch eine rufschädigende Wirkung haben kann. Wenn man sich jetzt noch vergegenwärtigt, wie die Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu ihrem Namen kam, sollte man eine Namensablegung und Namensänderung tatsächlich in Betracht ziehen.

Beteilige dich an der Diskussion »

  • Auch Immanuel Kant hat Rassenkunde betrieben. Martin Luthter hat gegen Juden gewettert. Die scheiden damit für eine Neubenennung aus?

  • Naja, es ist eher eine Art von Selbstdarstellung, die einige Leute da betreiben und keine wirkliche Diskussion über Arndt.

  • Im ersten Semester Einführung in die Geschichtswissenschaften wird verlangt, historische Persönlichkeiten in ihrer Zeit zu verorten. Tut man dies nicht hat man schlechte Karten der Klausur. Wie kann sich ein Professor für Geschichte dann solch einen methodischen Unsinn von sich geben? Vor allem bei der Kenntnis um Arndt, wie kann man da eine Professur annehmen. Schöne Nachhilfe in Sachen kleinbürgerlicher Bigotterie!